Verkehr in Florida - tanken

 von Mikel 

Tanken in Florida leichtgemacht

Tanken ist in den USA für Europäer auch etwas gewöhnungsbedürftig. Zunächst mal gibt es hier viele Tankstellen, die an den Tanksäulen keine Credit-Card akzeptieren, sondern „pay first“ fordern, was bedeutet, dass man den Kassierer in seinem Häuschen aufsucht, ihm einen bestimmten Dollarbetrag in die Hand drückt, und ihn darum bittet, die entsprechende Literzahl auf einer bestimmten Säule einzustellen. Man geht dann wieder zum Fahrzeug, steckt den Tankrüssel bzw. die Zapfpistole (=Nozzle) in die Tanköffnung, klappt die Nozzle-Halterung (=Lever) an der Säule nach oben (=lift lever) und betankt dieses mit dem entsprechenden Sprit. Ich lehne das Vorab-Bezahlen grundsätzlich ab, weil ich ja nie weiß, wie viel in den Tank hineinpasst und ausserdem gerne volltanke. Daher sieht man mich des Öfteren bei einer Tankstelle vorfahren, einen Blick auf die Zapfsäule werfen (pay first!) und dann wieder davon rollen.

Meine ideale Zapfsäule sieht wie folgt aus: Man rollt vor, steigt aus, zieht seine Kreditkarte durch den Schlitz an der Säule, nimmt die entsprechende Tankpistole und betankt das Fahrzeug mit dem für das Fahrzeug empfohlenen Benzin. Nachdem der Tank voll ist, hängt man die Tankpistole wieder ein, entnimmt die Quittung und fährt wieder weg.
Die mitdenkende Tanksäule haben wir dann bei einem Tankstellen-Besuch an einem sonnigen Vormittag nahe der Interstate 75 in Fort Myers kennen gelernt.

Wir fahren mit unserem Mietwagen vor, ich steige aus und gehe zu dem Monitor, wo ich auch die Kreditkarte durch den Schlitz ziehen kann. Ich nehme meine Kreditkarte, schaue mir die Position an, mit der die Karte eingeführt werden muss (es gibt schließlich vier verschiedene Möglichkeiten!) und schiebe die Karte in den Schlitz. Ein erstes Piepen. Ich ziehe sie langsam wieder raus, zweites und drittes Piepen. „Das war zu langsam. Bitte ziehen Sie die Karte schneller wieder heraus“. Also noch einmal einführen und beim nächsten Piepen schnell wieder herausziehen. Hat geklappt! Der nette Monitor blinkt einmal kurz und fragt mich: „Debit oder Credit?“. Das ist der Unterschied zwischen der EC-Karte, bei der ich die Nummer wie am Geldautomaten eingeben muss und der Kreditkarte, wo der Betrag direkt von der Kreditkarte abgebucht wird. Ich drücke Credit. „Sie wünschen Credit? Bitte drücken Sie „yes“ or „no“.“ Geduldig wie ich nun mal bin, ziehe ich meinen automatisch vorschnellenden Fuß vor dem Auftreffen auf dem Monitor zurück und drücke „Yes“. Jetzt kommt die Krönung: „Wünschen Sie eine Autowäsche?“. Ich muss wirklich zwei- oder dreimal gelesen haben, bevor ich begriffen habe, was er von mir will. Ich suche nach einer Tastatur, über die ich mit dem Monitor korrespondieren kann, um ihn zu fragen: „Stehe ich vor einer Waschanlage oder stehe ich vor einer Tanksäule?“

tanken in Florida, etwas gewöhnungsbedürftig

In meiner unendlichen Geduld (die beste Ehefrau von allen ist bereits vor Langeweile auf dem Beifahrersitz sanft entschlummert) teile ich ihm per „no“ mit, dass das Auto von den Alamo-Putzkolonnen in einen hervorragenden Zustand gebracht worden ist und daher keiner Wäsche bedarf. (Was man nicht alles mit einem kräftig gedrückten „No“ ausdrücken kann). Der Monitor springt mit einem leisen Piepsen (ich, glaube es ist das dreiundzwanzigste) in die nächste Galaxie. „Sie möchten keine Autowäsche, wollen Sie tanken?“ Der Fuß zuckt noch einmal kurz in Richtung Säule, bevor ich auch hier mit dem vierundzwanzigsten Piepsen die Entscheidungsmöglichlichkeit zwischen (...ja, Sie haben richtig geraten) „yes or no“ erhalte. Na, dann könnte ich ja mal gerade nebenan bei Burger-King einen Doppel-Whopper holen, wenn es noch länger dauert. Oder ich frage den Monitor, ob ich anstelle der Autowäsche vielleicht einen Big Mäc erhalten könnte.

Der Monitor erwacht abrupt aus seinem zwischenzeitlichen Datenschlaf und stellt mir die alles entscheidende Frage: „Welche Sorte Benzin wünschen Sie? Unleaded, Midgrade oder Premium?“ Kilngt nach der 8000-Euro-Frage bei Günther Jauch! Na gut, die Antwort ist auch ohne Publikumsjoker zu schaffen. Midgrade gedrückt! Hurra, der vorläufig letzte Pieps: „Sie haben Midgrade gewählt! Bitte liften Sie den Lever nach oben, entnehmen Sie den Nozzle und beginnen Sie dann mit dem Tankvorgang!“ Der Nozzle steckt, ich klappe den Lever nach oben und ...? ... nach wenigen Sekunden höre ich das beruhigende Geräusch des durchlaufenden Benzins bis zum Anschlag ...! Lever wieder herunter geklappt, Nozzle eingehängt und schauen wir doch mal, was es Neues von meinem Freund, dem Monitor gibt. Vielleicht ein „Sind Sie immer noch sicher, daß Sie keine Autowäsche wollen?“ oder ein „Wie wäre es mit einem Six-Pack-Bier und Chips?“

Nein, der Monitor hat offensichtlich resigniert, fragt mich mit einem letzten jämmerlichen Piepsen: „Wünschen Sie einen Beleg? Yes or No“ und entlässt mich mit einer 40 cm langen Quittung, auf der er dann doch noch ein letztes Mal hämisch nachtritt: auf dem unteren Ende der Quittung lese ich: „1 Dollar Rabatt bei der nächsten Autowäsche!“